Sechs Dinge, die Sie möglicherweise noch nicht über biotechnologische Arzneimittel gewusst haben

Biotechnologische Arzneimittel, auch Biologika genannt, gehören seit den 1980er Jahren zu wichtigen Behandlungsoptionen für Patient:innen mit schwerwiegenden Erkrankungen. Zahlreiche bahnbrechende Innovationen ebneten den Weg für die frühen biotechnologischen Medikamente – und auch in der heutigen Zeit passieren täglich weiterhin neue Entwicklungen und Fortschritte in Forschungslabors und den hochsensiblen Produktionsumgebungen, in denen diese sehr speziellen Medikamente hergestellt werden.


Die Wurzeln der modernen Biotechnologie liegen im frühen 20. Jahrhundert

Der Begriff "Biotechnologie" geht auf das Jahr 1919 zurück. Der ungarische Agraringenieur Karl Ereky verwendete ihn, um die Verbindung von Biologie und Technologie zu beschreiben. Rund 50 Jahre später gelang es Wissenschaftlern erstmals, DNA aus verschiedenen Organismen zu kombinieren und so rekombinante DNA zu erzeugen. Seitdem hat sich das Gebiet der Biotechnologie rasant entwickelt und eine Vielzahl hochkomplexer Medikamente, medizinischer Geräte, Diagnostika, Biomaterialien und weiterer Innovationen hervorgebracht.


Nutzung der Komplexität der Natur

Traditionelle „kleine Moleküle“, wie beispielsweise Aspirin, unterscheiden sich stark von „großen Molekülen“ der Biologika. Biologika, wie z.B. monoklonale Antikörper, ähneln den komplexen Proteinen, die in der Natur vorkommen. Sie sind 200- bis 1000-mal größer als kleine Moleküle. Während kleine Moleküle weniger komplex sind und von Chemikern im Labor relativ leicht reproduziert werden können, ist dies bei Biologika nicht so einfach möglich.


Hergestellt mithilfe lebender Zellen

Biologika, also Medikamente aus großen Molekülen, werden mithilfe lebender Zellen hergestellt. Dabei wird ein Gen, das die Bauanleitung für ein bestimmtes Protein enthält, in das Erbgut dieser Zellen eingefügt. Nach der Aktivierung produzieren die Zellen das gewünschte Protein, das anschließend aus den Zellen gewonnen und gereinigt wird, um es als Medikament einzusetzen.


Hilfe vom Hamster

In den 1950er Jahren suchten Wissenschaftler nach geeigneten Zellkulturen für ihre Forschung und stießen dabei auf Zellen aus den Eierstöcken des Chinesischen Hamsters. Diese Zellen erwiesen sich als besonders vorteilhaft, da sie sich schnell vermehrten und in der Lage waren, verschiedene Proteine zu produzieren. Die daraus entwickelte Zelllinie, bekannt als CHO-Zellen (Chinese Hamster Ovary), wurde eingefroren und bildet seither eine der wichtigsten Grundlagen für die Herstellung biotechnologischer Medikamente.


Bier und Biotechnologie

Nachdem die Zelllinie so verändert wurde, dass sie das Gen für das gewünschte Protein enthält, werden die Zellen in einem speziellen Behälter, dem sogenannten Bioreaktor oder Fermenter, vermehrt. Dieser Prozess ähnelt der Bierherstellung, bei der Mikroorganismen in großen Behältern wachsen. Anfangs gibt es nur wenige Zellen, die in eine kleine Schale oder Flasche passen. Diese Zellen vermehren sich jedoch rasch und füllen schließlich große Tanks, die bis zu 20.000 Liter Zellkultur und Nährlösung enthalten können. In diesen Tanks werden optimale Bedingungen wie Temperatur, pH-Wert und Sauerstoffzufuhr kontrolliert, um das Wachstum der Zellen und die Produktion des gewünschten Proteins zu fördern.


Tablette vs. Spritze

Medizinische Forscher entwickeln verschiedene Arten von Medikamenten, basierend darauf, was für den Patienten am effektivsten ist. Medikamente lassen sich grob in zwei Kategorien einteilen:

  1. Kleine Moleküle: Diese Wirkstoffe sind chemisch stabil und können daher in Form von Tabletten oder Kapseln eingenommen werden. Nach dem Schlucken gelangen sie über den Magen in den Darm, werden dort ins Blut aufgenommen und entfalten anschließend ihre Wirkung im Körper.

  2. Biologika (große Moleküle): Diese Medikamente bestehen aus größeren, komplexen Molekülen, die empfindlicher und weniger stabil sind. Würde man sie schlucken, würden sie im Magen durch die Magensäure zersetzt und somit unwirksam werden. Deshalb werden Biologika meist durch Injektionen oder Infusionen verabreicht, um sicherzustellen, dass sie direkt in den Blutkreislauf gelangen und dort ihre therapeutische Wirkung entfalten können.

Zusammengefasst bedeutet das: Während viele herkömmliche Medikamente als Tablette eingenommen werden können, müssen Biologika aufgrund ihrer Empfindlichkeit meist gespritzt oder per Infusion verabreicht werden, um im Körper wirksam zu sein.